4 Wochen im Zeitraffer

D. 

Viele Gruesse aus Australien! Momentan sitze ich grad am PC von >Ra<, einem Spezi aus Abi und vor allem Uni Zeiten. Er und seine Freundin arbeiten und wohnen in Melbourne. So manche Erinnerung aus Barkhausen Bau Vorlesungen oder Roadtrips nach Italien, Schottland oder durch Spanien laesst uns hier ab und zu mal schmunzeln. Der erfolgesversprechende Geheimtipp vom Apfelessen vor Faehrueberfahrten, um dem Seegang entgegenzuwirken, stammt von einem dieser Trips.

Noch im letzten Jahr, fast 180 Grad weiter oestlich, durfte ich ueber den nicht ganz so spektakulaeren Rio de la Plata mit dem Schiff nach Buenos Aires schippern. "Plata" liesse sich hier nur mit Milch oder Schlamm uebersetzen. Auch ohne Apfelverzehr (oder wegen?) wurde mir gar nicht schlecht. Vor Ort in Argentinien hatten wir mit Nathalie und Heike, zwei jungen Grazien aus dem Badischen, ein extrem lustige Zeit bis zum Neujahrstag. Wir sind an diesen Tagen quer durch die sehr warme und schwuele Stadt geduest, haben uns u.a. Evita Perons Ruhestaette und La Bombonera angeschaut, oder konsumierten einfach nur extrem viel gutes Fleisch und kaltes Quilmes und jagten uns eine Phrase nach der anderen um die Ohren. Silvester durfte ich mich dann an einem in Argentininen fuer drei Mitesser als klein beschriebenen Braten (1.5Kg) versuchen. Kurz vor Mitternacht haben wir sogar noch einen Zugang zur "Dachterrasse" gefunden. Das war alles zusammen zwar nicht extrem spektakulaer - auch das Feuerwerk war eher verhalten - aber im Paket ein super schoener Jahresanfang. Am 1. Januar sind wir dann in alle Himmelsrichtungen aufgebrochen. Ich war sogar recht nervoes und neugierig vor dem Flug nach Neuseeland. Einfach mal so ueber den Pazifik in ein neues Abenteuer.

 

Auf dem Flug muss dann auch irgendetwas komisches passiert sein. Auf jeden Fall bin ich am 1. Januar abgeflogen und erst am 3. Januar angekommen. Schon in Uruguay war es mir ja passiert, dass irgendwie ein Tag fehlte - an einem Montag behaupteten alle anderen es waere schon Dienstag. Zzzz

Aber diesmal war das Phaenomen noch krasser und ich weiss noch immer nicht, was ich nun ins Tagebuch fuer den 2. Januar schreiben soll. In der naeheren Betrachtung scheint es so zu sein, dass ich eigentlich doch die ersten Stunden vom 2.Januar erlebte - irgendwo ueber Sued Argentinien und dem suedlichen Pazifik. Diese Stunden muessten sogar langsamer vergangen sein, da ich ja auf dem Weg nach Westen war. Vermutlich hatte ich also 9 Stunden fuer den Zeitraum von 0 -3 Uhr morgens am 2.Januar. Danach muss es dann bei 180Grad West, eine Linie gegeben haben, die mich gleich in den 3. Januar katapultierte, so ca. von 3Uhr frueh am 2.Januar auf 3Uhr frueh am 3. Januar.. Das war jetzt sicher verstaendlich erklaert, oder?

 

In Neuseeland, ging es fuer mich also am 3. direkt nach Wellington, wo ich von einem freundlichen Regen und Sturm empfangen wurde. Es faellt mir recht schwer, jetzt den Wechsel zw. Lateinamerika und Neuseeland zu beschreiben, aber es war einfach auf allen Ebenen ein richtiger Cut. Die Laender, Leute und alles ist sooo verschieden.

Ausserdem fuehlt es sich auch immer merkwuerdig an, ueberhaupt in solch weit entfernten Laendern zu sein. Vor Ort denke ich immer, es waere das Normalste der Welt gerade hier an einem Platz X zu sein - trotz der "Distanz" nach Hause. So gehts mir auch gerade in Australien. Dabei ist Australien doch schon ziemlich weit weg vom Heimatkontinent. Da faellt mir auch ein Bild von einer Lolek und Bolek Geschichte mit Kaengurus ein, die ich wohl mal als Kind aufgeschnappt habe. Damals haette sicher keinen eine Club Cola verwettet, dass ich mal in Down Under einen Pulsnitzer Freund besuche und wir zusammen lokales Ale trinken.

 

Gleich am Anfang ging es in Neuseeland fuer mich darum, meine Reise Struktur zu aendern. Das hiess zuerst mein per Post geschicktes Fahrrad abzuholen und ein Auto zu kaufen. Diese Dinge beschaeftigten mich ziemlich und leider waren beim Rad auch einige Reparaturen notwendig. Auf jeden Fall durfte ich aber mal kurz in eine neuseelaendische Familie reinschnuppern und ein paar lokale News aufschnappen. Schon am 4. Januar habe ich dann auch eine kleine Ausfahrt gemacht. Das Wetter hatte sich, wie so oft, schnell geaendert. Bei Sonnenschein und kraeftigem Wind gings durch die unglaublich schoene Kuestenlandschaft von Wellington. Das Gefuehl endlich wieder auf dem eigenen Sattel zu sitzen und einfach loszuradeln war wirklich atemberaubend, absolut wunderbar. Nach 3 Tagen war dann auch mein Honda Stream, Bj. 2001 startklar. Diese Kiste, ausgestattet mit Bett und etwas Kochutensilien, ist also jetzt mein Zuhause fuer die naechsten Wochen.  Surfbrett und Rad passen auch rein. So ging es also fuer mich mit der Fahere auf die Suedinsel. Trotz starkem Wind (dies ist das letzte Zitat von starkem Wind in diesem Blog; wenn nicht anders beschrieben; geht einfach davon aus, dass in Neuseeland immer starker Wind ist) war der Wellengang zum Glueck noch akzeptabel, so dass ich noch mit Farbe in Gesicht in den Marlborough Sounds auf der Suedinsel ankam. Erneut ohne Apfelkonsum, uebrigens.

Die Faehreinfahrt in diese Fjoerdlandschaft war schon traumhaft, die naechsten Tage auf einem abgelegenen Zeltplatz in einer Bucht sogar noch besser. Ich habe gleich eine kleine Wanderung und eine erste ernsthafte Radausfahrt in der Gegend gemacht. Sehr schoen. Der Zeltplatz war sehr einfach, aber auch extrem preiswert, da von der Regierung betrieben. Da es keine Dusche gab, habe ich mich dann ins kristallklare Wasser gestuerzt. Das war so kristall klar, dass ich auch zweimal einen Stachelrochen gesehen habe. Ein eher mumliges Gefuehl. Die Orkas die andere in der Bucht sahen, konnte ich leider nicht beobachten.

 

Die naechsten Tage fasse ich mal ganz schnell zusammen: Nelson (lange Radausfahrten, Schwimmen, gutes Bier trinken), Nelson Lakes Park (zwei-taegige super superschoene alpine Wanderung mit Huettenuebernachtung, auch ein paar entspannte Leute kennengelernt), Karamea (relaxte Zeit nach 100km Fahrt in eine Sackgasse zum Nordwestende der Suedinsel, unglaubliche Sandsteinboegen, noch mehr entspannte Leute). Weiter ging dann meine Fahrt in Richtung Christchurch von wo ich ueber Wellington nach Melbourne flog. Unterwegs hatte ich da noch einen angsteinfloessenden lokalen Tramper mitgenommen. Der hatte mir seine ganze kriminelle Vergangenheit erzaehlt, um dann damit zu schliessen, wie cool es ist Wildschweine mit der Hand zu fangen und die Kehle aufzuschlitzen..

Nach dieser Story hatte ich echt genung Adrenalin im Blut, um am Folgetag bei nicht ganz so gutem Wetter eine lange 155km Radtour zu machen. In Neuseeland haben es die Strassenplaner wirklich nicht versaeumt die Strassen auch ueber jeden kleinen Huegel zu fuehren. Selbst vermeintlich einfache Strassen entlang eines Tales schaukeln sich so immer wieder links und rechts das Tal hoch, nur um dann nach 50m wieder herunterzufuehren. Ganz Neuseeland besteht so eigentlich aus einem Gegenanstieg und natuerlich immer Gegenwind. Es waere ein Paradies fuer Lance Armstrong gewesen, wuerde ich mal sagen. Auch der Asphalt ist rau und erinnert mehr an Kieselsteine die in Bitum gedrueckt wurden. Die weiteren Herausforderungen bestehen in stoisch rasenden Truckfahrern (meist in extra langen Trucks&Trailer) und dem insgesamt geringen Angebot an bitumierten Strassen. Mit ein bisschen Recherche konnte ich zum Glueck aber doch einige isolierte Strecken finden. Die sind dann ploetzlich meist komplett ohne Verkehr (auf einem Teilstueck waren es weniger als zehn Autos auf 30km).

Abgesehen davon, dass hier alle auf der falschen Seite fahren, ist dann wirklich alles super und es macht einfach Spass auch hier ein paar Kilometer in den Asphalt zu brennen.

 

Jetzt bin ich also mal kurz in Melbourne. Vor drei Tagen war ich bei den Australien Open gewesen und habe u.a. Sabine Lisicki verlieren sehen (Oli Pocher zwei Reihen unter mir wars reichlich egal). Gestern war ich dann noch ein mal auf dem Court. Das unbestreitbare Highlight war es J.Sousa (#33) gegen Andy Murray (#2) kaempfen zu sehen. Es waren epische drei Stunden absoluten Spitzensports auf hohem Niveau. Wirklich beeindruckend.

Gleich gehen wir zur Mittagszeit fruehstuecken, nachdem wir gestern noch etwas ins vielversprechende Nightlife von Melbourne eintauchten. Ansonsten hoffe ich, dass wir vielleicht noch nach Bell's Beach fahren und zB zum Australia Day am Dienstag mit Ra&Freundin uns vielleicht noch ein Bierchen und Steak genehmigen. Naechstes Wochenende besuche ich dann Niklas, den koellschen Jung in Brisbane, bevor ich zurueck auf die Suedinsel nach Christchurch, Neuseeland fliege.